Für Bestandverträge sieht § 1109 ABGB ein Zurückbehaltungsverbot und ein Aufrechnungsverbot für entliehene, in Bestand oder Verwahrung genommene Sachen vor. Worin genau liegt der Sinn dieses Verbots und kann die Rückstellung unter Umständen verweigert werden? Wie sieht es aus, wenn auf einen Aufwandersatzanspruch verzichtet wurde? Verstößt das gegen die guten Sitten?
Sinn des Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsverbots
Das Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsverbot des § 1109 ABGB wird in § 1440 Satz 2 ABGB wiederholt. Nach der Rechtsprechung kann der Sinn des Verbots für entliehene, in Bestand oder Verwahrung genommene Sachen nur darin gefunden werden kann, dass in diesen vom Gesetz genannten Fällen der Rückforderungsgläubiger typischerweise nicht mit Gegenansprüchen rechnet. Deshalb muss § 1440 ABGB jedenfalls überall dort außer Betracht bleiben, wo von vornherein Ansprüche des Schuldners aus diesem Rechtsverhältnis zu erwarten sind, etwa wenn dieser den laufenden Aufwand für die Erhaltung der Sache getragen hat oder die Verwahrung etwa entgeltlich erfolgte.
Verzicht auf Aufwandersatzanspruch
Unlängst befasste sich auch der Oberste Gerichtshof (OGH) mit dieser Thematik, wobei der Kläger im Anlassfall nicht mit einem Aufwandersatzanspruch der Pächter rechnen musste, weil diesem eine Kaufoption eingeräumt und ein Verzicht vereinbart wurde.
Der Gerichtshof betonte in diesem Zusammenhang, dass ein Verzicht auf einen Aufwandersatzanspruch für sich auch nicht gegen die guten Sitten verstößt. Dem Mieter muss nur die Möglichkeit geboten werden, seine auf das Bestandobjekt gemachten Aufwendungen zeitlich und umfänglich entsprechend zu nützen. Diese Rechtsprechung betrifft die Rechtswirksamkeit eines Verzichts des Mieters auf Ersatz der von ihm auf das Bestandobjekt gemachten Aufwendungen. Sowohl ein Verzicht auf Investitionskostenersatz als auch die Befristung eines Pachtvertrags sind für diese Art des Rechtsgeschäfts typische Vertragsbestimmungen.
Zuletzt wies der OGH noch darauf hin, dass selbst dann, wenn der Bestandnehmer einen Anspruch auf Aufwandersatz behauptet, Rückstellung geboten ist. Er kann daher die Rückstellung des Bestandobjekts auch nicht unter Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht (beispielsweise wegen Anspruchs auf Aufwandersatz) verweigern (veröffentlicht in OGH 9 Ob 25/21y).
Fazit: Der Sinn des Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsverbots liegt nach der Rechtsprechung darin, dass in den vom Gesetz genannten Fällen der Rückforderungsgläubiger typischerweise nicht mit Gegenansprüchen rechnet. Die Regelung muss also dort außer Betracht bleiben, wo von vornherein Ansprüche des Schuldners aus diesem Rechtsverhältnis zu erwarten sind. Bei einem vereinbarten Verzicht auf Aufwandersatz und Einräumung einer Kaufoption muss der Verpächter nicht mit einem Aufwandersatzanspruch der Pächter rechnen. Ein solcher Verzicht verstößt nicht gegen die guten Sitten. Vorsicht: Rückstellung ist auch dann geboten, wenn der Bestandnehmer einen Aufwandersatzanspruch behauptet.
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