Baumaßnahmen in einem Bereich unter der Erdoberfläche des eigenen Grundstücks dürfen nicht ohne weiteres durchgeführt werden. Schließlich können solche Maßnahmen im Erdreich auch angrenzende Grundstücke beeinflussen und gegebenenfalls gefährden. Was ist dabei zu beachten und wie seiht es aus, wenn mit Mängeln am Nachbargrund zu rechnen ist? Gebührt ein Ersatzanspruch?

Ersatzanspruch des Nachbarn

Grundsätzlich verbietet § 364b ABGB Baumaßnahmen im Bereich unter der Erdoberfläche auf dem eigenen Grundstück, die auf eine Weise erfolgen, dass dem Nachbargrund dadurch die Stütze entzogen wird. Mit dieser Bestimmung befasste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) erst kürzlich und leitete daraus einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch gegen den Nachbarn ab, auf den analog auch § 1323 ABGB über die Naturalrestitution anzuwenden ist. Was Verstöße gegen Verwaltungsnormen anbelangt, so können diese nach den allgemeinen Grundsätzen, beispielsweise bei der Adäquanzprüfung, in Form von Mitverschulden oder bei der Prüfung der (rechtlichen) Möglichkeit einer Wiederherstellung berücksichtigt werden.

Haftung ausgeschlossen

Ausgeschlossen ist eine Haftung nach den §§ 364b in Verbindung mit 364a ABGB für Substanzschäden am Gebäude nach der jüngeren Rechtsprechung des OGH nur dann, wenn die Schäden am Gebäude auch auf Baugebrechen zurückzuführen sind, die schon als solche, also unabhängig von der Einwirkung vom Nachbargrund, wegen der Gefährdung von Personen oder Sachen zu einem Einschreiten der Baubehörde führen müssten. In diesem Fall können Schäden, die (auch) auf einer Einwirkung vom Nachbargrund beruhen, nämlich nicht mehr als typische und damit kalkulierbare Folge dieser Einwirkung angesehen werden. Folglich ist die Adäquanz der Schadensverursachung zu verneinen.

Beurteilung im Einzelfall

Letztlich schließt eine bloße Konsenswidrigkeit des Gebäudes einen Ersatzanspruch nicht aus, weil mit solchen Mängeln schon nach allgemeiner Lebenserfahrung zu rechnen ist. In seiner jüngsten Entscheidung ging der Gerichtshof abschließend noch auf die Frage ein, worauf bei der Beurteilung im Einzelfall abzustellen ist und kam zu dem Schluss, dass die Ersatzpflicht nach §§ 364b in Verbindung mit 364a ABGB je nach Bundesland unterschiedlich zu beurteilen wäre, wenn man auf die konkrete Ausgestaltung der jeweiligen regionalen Bauordnungen abstellen würde (veröffentlicht in OGH 6 Ob 8/21a).

Fazit: Grundsätzlich sind Baumaßnahmen im Bereich unter der Erdoberfläche auf dem eigenen Grundstück verboten, die auf eine Weise erfolgen, dass dem Nachbargrund dadurch die Stütze entzogen wird. Ein verschuldensunabhängiger Ersatzanspruch gegen den Nachbarn kann bestehen. Ausgeschlossen ist ein solcher nur, wenn es sich nicht mehr um eine typische und damit kalkulierbare Folge dieser Baumaßnahme handelt, wenn also die Adäquanz der Schadensverursachung zu verneinen ist. Die bloße Konsenswidrigkeit des Gebäudes schließt einen Ersatzanspruch jedoch nicht aus, wenn mit Mängeln am beschädigten Bauwerk auf dem Nachbargrund schon nach allgemeiner Lebenserfahrung zu rechnen ist.

 

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