Die Ursachen für eine Bauverzögerung sind vielfältig. Aktuell muss oft auf Baustoffe bzw. Material gewartet werden, dessen Preise teilweise stark gestiegen sind. Nun kann es aber auch vorkommen, dass Umstände auf der Seite des Bestellers zu einer Bauverzögerung führen. Wie sieht es aus, wenn der Unternehmer deshalb zu erhöhtem Arbeitseinsatz und zu höheren Aufwendungen gezwungen ist? Kann er die Mehrkosten fordern? Worauf kommt es an?
Gesetzliche Grundlage
Für genau diese Frage gibt es eine Grundlage im bürgerlichen Recht: § 1168 Absatz 1 Satz 2 ABGB sieht nämlich vor, dass dem Unternehmer eine Entschädigung durch Aufstockung des Werklohns gebührt, wenn ihn Umstände auf Seiten des Bestellers zu erhöhtem Arbeitseinsatz und zu höheren Aufwendungen zwingen. Darauf bezog sich auch der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung zu diesem Thema. Zu beachten ist allerdings, dass diese Norm dispositiv ist. Ihr geht also bei entsprechender Vereinbarung die speziellere Regelung in der ÖNORM B 2110 vor. Es handelt sich auch nicht um einen Schadenersatzanspruch, sondern um einen Entgeltanspruch (Erfüllungsanspruch) des Werkunternehmers.
Kausalität der Verzögerung
Auszugleichen ist jener Nachteil, der durch die Verzögerung entstanden ist. Voraussetzung für eine Mehrkostenforderung ist daher, dass die Verzögerung für den Nachteil kausal gewesen sein muss. Die angesprochene ÖNORM regelt, dass Mehrkostenforderungen auf der Preisbasis des Vertrags gerechnet werden. Das ändert aber nach Ansicht des Gerichtshofs nichts daran, dass die Verzögerung für die Mehrkosten kausal gewesen sein muss.
Hat daher der Auftragnehmer etwa während einer Bauverzögerung zeitgebundene Kosten im Rahmen eines Zusatzauftrags durch denselben Auftraggeber ohnehin abgedeckt, sind ihm aus dieser Position durch die Verzögerung solche Kosten gerade nicht entstanden (veröffentlicht in OGH 8 Ob 14/21y).
Fazit: Nach § 1168 Absatz 1 Satz 2 ABGB hat der Unternehmer einen (Entgelt/Erfüllungs-) Anspruch auf Entschädigung durch Aufstockung des Werklohns, wenn ihn Umstände auf Seiten des Bestellers zu erhöhtem Arbeitseinsatz und zu höheren Aufwendungen zwingen. Die ÖNORM B 2010 geht dieser dispositiven Vorschrift vor. Wichtig ist, dass die Verzögerung für die Mehrkosten kausal war. Achtung: Solche Kosten sind dem Unternehmer durch die Verzögerung gerade nicht entstanden, wenn er während einer Bauverzögerung zeitgebundene Kosten im Rahmen eines Zusatzauftrags durch denselben Auftraggeber ohnehin abgedeckt hat.
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